EU wird Rechtsstaats-Schutz sehr bald scharf stellen: Die Kommission will die nötigen Leitlinien binnen weniger Wochen verabschieden. Danach könnte es teuer werden für Ungarn und Polen, schreibt bjoern_finke. Ruleoflaw
Viele Europaabgeordnete sind sauer, dass die Kommission überhaupt das Urteil des EuGH abwarten wollte, bevor sie den Mechanismus erstmals anwendet. Schließlich gilt die Regelung offiziell seit Januar vorigen Jahres. Das EU-Parlament verklagte die Kommission wegen dieser Verzögerung sogar.
Die Begründung für den neuen Rechtsstaatsmechanismus lautet, dass ohne unabhängige Richter und Staatsanwälte EU-Fördergelder straflos veruntreut oder verschwendet werden könnten. Schließlich könnte dann ein Ermittler davor zurückschrecken, gegen eine Behörde oder eine Firma vorzugehen, die dem Premier nahesteht, wenn diese Brüsseler Gelder falsch verwendet.
Gegen Polen und Ungarn laufen bereits sogenannte Artikel-7-Verfahren wegen der Gefährdung des Rechtsstaats und europäischer Werte. Die könnten zu einem Entzug der Stimmrechte führen, aber weil dafür das Placet aller anderen EU-Regierungen nötig ist, wird es dazu realistischerweise nicht kommen - das Instrument ist entsprechend zahnlos.
Der Rechtsstaatsmechanismus bezieht sich auf den kompletten EU-Haushalt, nicht nur auf einen Teil wie den Corona-Fonds. Und hier geht es bei Polen und Ungarn um beträchtliche Summen. Polen ist der mit Abstand von EU-Mitteln; im Jahr 2020 flossen 12,4 Milliarden Euro mehr nach Polen als von dort in den EU-Haushalt. In Ungarn beträgt diese Differenz immerhin noch 4,6 Milliarden Euro. Kein Wunder also, dass die Regierungen gegen den neuen Sanktionsmechanismus geklagt haben.