Unsere Autorin Polina Fedorenko und ihre Familie wollten eigentlich in Kyiv bleiben. Dann schlägt eine russische Rakete nebenan ein.
Polina Fedorenko, 20, hat bis Dienstag mit ihrer Familie in Kyiv gelebt. Diese Schreibweise ihrer Heimatstadt ist ihr wichtig, sie entspricht dem ukrainischen Namen, nicht dem russischen. Fedorenko studierte früher Informatik. Als der Krieg begann, pausierte sie gerade mit dem Studium, sie wollte zu Soziologie wechseln. Sie arbeitete auch als Mathe-Nachhilfelehrerin für Kinder. Sie liebt Sprachen, gerade lernt sie Norwegisch.
Die Nachrichten berühren mich nicht mehr. Ich schaue sie an wie ein Mensch, der ihren Sinn nicht versteht. Mein Gehirn zählt zwar die Toten, aber es begreift nicht, wie schrecklich das alles ist.Vor kurzem war das noch anders. Wenn da die Zeitungen über Kriegsgefangene, tote Soldaten, getötete Zivilisten und Selbstmorde schrieben, berührte es mich. Es fühlte sich an wie ein persönlicher Verlust. Es war traurig.
Um Irpin und Bucha, wo ich in den grünen Parks, unter den hohen Kiefern und zwischen den niedrigen Häusern immer zur Ruhe fand. Meine Familie braucht momentan kein Geld, aber meine Ersparnisse gehen zur Neige, weil ich bei allen Bitten um Hilfe, beim Kauf von Helmen, Autos und anderen Dingen, sofort zur Stelle bin. Am liebsten würde ich alles geben, was ich habe, aber das wäre unvernünftig, weil dann habe ich selbst nichts mehr und kann auch nichts mehr geben.
Montag, 14. 3. 2022 Es ist hart, über Mariupol zu lesen. Dass Menschen das Wasser aus Pfützen schöpfen, um kochen zu können. Dass alles in Flammen steht. Das ist die Hölle. Die Stadt ist unter Belagerung und Menschen sterben – ohne ärztliche Versorgung, Nahrung, Wasser, Wärme. Mir ist klar, dass Kyiv bereits halb verlassen ist, aber es fühlt sich für mich an, als sei die Stadt voller Menschen. Zu viele Menschen, die in Schlangen vor den Läden und Apotheken stehen.
Ich schaue mir an, was in Russland passiert. Wie sie die Redefreiheit zerstören, die Freiheit der Gedanken. Wie sie der gesamten Welt ihr innerstes Wesen offenbaren – durch die Verletzung von Menschenrechten, den Verbot friedlicher Proteste, das Verbot von allem, was Menschen die Möglichkeit gegeben hätte, die Situation zu vergleichen. Orwells Ozeaniern war es nie erlaubt, den Fernseher auszuschalten. Sie wurden rund um die Uhr bewacht.
Mir gehen komische Gedanken durch den Kopf: Mein Gehirn weigert sich, die guten Dinge im Leben derer zu akzeptieren, die nicht aus der Ukraine kommen, die nicht vom Krieg betroffen sind. Es mag schrecklich klingen, aber ich würde mir sehr wünschen, dass die Menschen in Anbetracht der Dinge, die hier passieren, aufschreien – denn in vielen Städten herrscht eine humanitäre Katastrophe, und die vereinbarten grünen Korridore werden vom Himmel aus beschossen.
Immerhin schreibe ich Tagebuch. Das scheint ein wenig zu helfen. Außerdem mache ich Yoga, wenn der Himmel abends ruhiger wird. Sich zu entspannen ist trotzdem sehr schwierig, denn mein ganzer Körper verharrt in dem Modus, jederzeit loslaufen zu können. Ich glaube, meine Angststörung kehrt langsam zurück.
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