Libanons Ministerpräsident hat sich zynisch über ein gesunkenes Flüchtlingsboot geäußert. Im von Armut gebeutelten Tripoli sorgte das für Aufruhr. Ein Text von _jneumann.
BEIRUT taz | „Mutter der Revolution“ ist der Spitzname, den Protestierende Libanons zweitgrößter Stadt Tripoli bei Massenprotesten im Jahr 2019 gegeben haben. Und diese Mutter ist wieder da.
„Das ist Najib Mikati, ein Ministerpräsident, der in seinem Palast sitzt und jeden Tag in das beste Land geht und auf dem besten Bett schläft und das beste Essen isst“, schrie ein Protestierender in einem Video, das von dem unabhängigen Onlinemedium Megaphone geteilt wurde. „Und die Menschen versinken im Meer, und es ist ihm egal. Du Najib Mikati, sieh dir die Leute an, möge Gott dich demütigen.
Nach dem Unglück war die Stadt in Aufruhr: Junge Männer schossen mit Gewehren in die Luft, vor Innenminister Bassam Mawlawis Residenz in Tripoli wurde demonstriert. Die Menschen sind sauer: Denn Tripoli gehört zu Libanons ärmsten Städten und wird seit Jahren von seinen reichen Politikern ignoriert. Während Trauer und Wut noch immer Tripoli erfüllte, stoppte das Militär letztes Wochenende ein weiteres Boot, das dort abgelegt hatte, diesmal mit 85 Menschen.