Kriege dienten dazumal als Katalysator für die Gesundheitsförderung, darüber geben Akten in Wiener Archiven Aufschluss. Gegen eine positive Geschichtsschreibung wehrt sich Historikerin Jesner.
Im habsburgischen Militär verortet Sabine Jesner, Historikerin der Universität Graz, Vorstufen unserer modernen Gesundheitsfürsorge. Zur Public Health - durch neue Gesundheitskrisen aktueller denn je - fänden sich im 18. Jahrhundert erste Ansätze. Zu diesem Schluss kam Jesner nach monatelanger Grundlagenforschung mit bis dato medizinhistorisch unbeachteten Akten, wie sie gegenüber der Nachrichtenagentur APA sagte.
Insbesondere die Türkenkriege im 18. Jahrhundert sollen die habsburgische Gesundheitspolitik beflügelt haben. Wien war laut der Historikerin ohnehin „an der Spitze“ der Professionalisierung von Militärmedizin. Neuartig war ihr zufolge die Vor- und Nachsorge für Soldaten. Nach Abschaffung der Söldnerheere sei es der Staat gewesen, der „in Kriegszeiten als auch Friedenszeiten ausrüsten muss, verpflegen muss - schauen, dass es den Menschen gut geht“.
Dazu dürfte es, ähnlich wie bei den theresianisch-josephinischen Reformen, nicht aus Nächstenliebe gekommen sein. Vielmehr wurde pragmatisch vorgegangen: „Man möchte eine Bevölkerung haben, die gesund und effektiv ist, damit sie gut arbeitet, weil sie Steuern zahlen soll.“ Gleichzeitig habe der frühmoderne Territorialstaat eine leistungsfähige Grenzsicherung benötigt.
Zwar sei die Verwaltung der Habsburger gut dokumentiert - schließlich ging es um viel Geld -, aber bisher habe es „keinen einheitlichen Bestand, der sich mit Militärmedizin beschäftigt“ gegeben. Die Thesen beruhen auf Grundlagenforschung mit schriftlichen Quellen aus verschiedenen Wiener Archiven, als Bestandteil eines vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekts. Jeden Tag. Überall.