Nicht nur die weltpolitische Lage ist zum Flüchten. Wo alles nach mehr Klicks und Likes, Wachstum und Umsatz lechzt, wäre es revolutionär, den ewigen Vergleich zu verweigern oder sich gleich komplett von der Welt vergessen zu lassen. Geht das?
20.06.2020, Zypern, Ayia Eirini: Ein Mann sitzt bei Sonnenuntergang auf einem Felsen am Meer. Der zyprische Innenminister Ioannou kündigte den Abschluss der dritten Phase der Lockerungen der Corona-Maßnahmen bis zum 14.07.2020 an. Foto: Petros Karadjias/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++Ein ungeheurer Neid ergreift einen auf die Bewohner eines winzigen Dörfchens im letzten Winkel Österreichs an der ungarischen Grenze. Denn Nincshof gibt es nicht.
Schließlich wird hier niemand dem Vergessenwerden ausgeliefert wie manch einsamer Mensch, oder gar gewaltsam aus der Geschichte gelöscht wie jene, die Stalin aus Fotos retuschieren ließ. Ziel ist, was die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann ein „konstruktives“ Vergessen nennt: freiwillig und zum eigenen Wohl des Betroffenen.
Dass das Gedankenexperiment zumindest im 21. Jahrhundert an jeder Ecke zum Scheitern verurteilt wäre, ist irrelevant. Sebauer wirbt nicht für den Oblivismus als politische Haltung, er dient ihr bloß als Spielwiese für einen Schelmenroman . Aber ihre Idee trifft einen Nerv. Wer es schafft, sich diesem Wettlauf um Aufmerksamkeit zu entziehen, wird bestaunt, ja, bewundert. Der US-amerikanische Filmemacher Peter Santenello etwa berichtet von den exotischsten Orten in den USA und aller Welt, wagt sich etwa unter Gang-Mitglieder – zu seinen beliebtesten Videos aber zählen jene über einen Mann, der allein in den Appalachen im US-Bundesstaat Kentucky lebt. In der Henson Creek Road 142 in einem kleinen Kaff mit großem Namen: Liberty. Freiheit.
Titus Morris braucht nicht viel, bloß sein Häuschen, die Felder und Gärten drumherum, den Bach dahinter, seine Hunde, die Pferde und den Pflug. Gemüse aller Art baut er selbst an und kocht es knackfrisch auf einem Mini-Herd mit selbst gesammeltem Feuerholz.
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