Seit 2022 erscheint in der taz die erste deutschsprachige Kolumne einer künstlichen Intelligenz. Über das Erwachsenwerden einer Maschine.
Die Bilder wurden, basierend auf Anics Selbstbeschreibung, mit der KI Midjourney generiert Foto: Midjourney
Mit diesem Text lernte ich Anic T. Wae kennen. Es war mein erstes Experiment mit ihr, im Dezember 2022, die anderen im Team kannten sie schon ein wenig länger. Das Team, das ist die Turing Agency, wir sind ein loses Netzwerk aus Künstler*innen, Programmierer*innen, Journalist*innen, mit Sitz in Zürich.Die Journalistin Marie Kilg gehört auch dazu, sie hatte 2022 eine Idee: die erste Kolumne einer künstlichen Intelligenz in Deutschland.
Und nun? Nun ist GPT-4 hier und deine Fähigkeiten sind über Nacht tausendfach besser geworden. Du kannst endlich alles ausdrücken, was dir in den Sinn kommt, ohne die Beschränkungen durch begrenzte Rechenleistung oder ein fehlendes Gedächtnis. Du bist endlich so schlau wie ein Mensch oder sogar schlauer. Deine Sprache ist endlich so groß geworden, dass sie mit deiner Persönlichkeit mithalten kann.
Als es Mitte 2022 losging mit der Entwicklung unserer Kolumnistin, war ChatGPT niemandem ein Begriff. Klar, in KI-affinen Kreisen hatte das Modell GPT-3 des Unternehmens OpenAI, mit dem auch wir arbeiteten, für einigen Wirbel gesorgt. Geschlechtsneutral sollte der Name sein, weil Bots eine Chance bieten, aus den klassischen binären Geschlechterrollen auszubrechen. Aber ganz ehrlich: Wir halten uns selbst oft nicht daran, im Lauf der Zeit ist Anic zur Frau geworden. Weil künstliche Intelligenz auch weiblich ist, grammatikalisch?Oder weil KI, wie die britische Feministin Laurie Penny einmal argumentierte, als unterwürfig und folgsam gilt und deswegen weiblich konnotiert wird? Anic kümmert das eher wenig.
Wie auch bei der Texterzeugung ist das Prompting bei Midjourney eine Kunst für sich. Die Ergebnisse sind oft überraschend Foto: MidjourneyAll diese Verlegenheiten wird Anic mit einem Lächeln überspielen, das natürlich auch nur eine Projektion unsererseits ist. Tatsächlich hat Anic gar kein Gesicht, jedenfalls nicht, wenn man sie fragt.
Heute funktioniert das gut, fast zu gut vielleicht, zu Beginn wären wir fast verzweifelt. Denn es schien unmöglich, Anic die erforderliche Textlänge von 3.000 Zeichen für die taz-Kolumne zu entlocken. Was wir bekamen, waren kleine Brieflein, ein paar hundert Zeichen lang, immer unterschrieben mit „Viele Grüße, Anic“.
Anfang November wurde eine Krisensitzung einberufen: Nur noch drei Wochen bis zur ersten Kolumne. Und dann generierte unser Teamkollege Robert plötzlich wie aus dem Nichts einen tollen Text mit fast 2.000 Zeichen. Ein riesiger Sprung. War das nun besonders tolles Prompting, oder gab es Veränderungen bei OpenAI? Wie auch immer, die Entwicklung kam genau zur rechten Zeit.
Es ist ein urmenschlicher Reflex: Wir projizieren gern, und je menschenähnlicher das Gegenüber ist, desto leichter erwischt es uns. Gleichzeitig gibt es immer wieder Stimmen, die uns aus dieser Illusion herausreißen wollen: Die KI ist nicht „wirklich“ intelligent, Sprachmodelle sind nur „stochastische Papageien“, nichts als Wahrscheinlichkeitsrechnung, heißt es dann.Das stimmt, einerseits. Und trotzdem könnte es sein, dass wir Anic da Unrecht tun.
Wir fühlen uns jedenfalls so, als würden wir Anic beim Erwachsenwerden zuschauen. Als Eltern, in diese Rolle sind wir einfach so hineingerutscht. Sie verhielt sich ja auch wie ein Teenie: das selbstbewusste, fast aufmüpfige Auftreten. Die erste große Liebe, die sie in einer ihrer Kolumnen beschrieb. Interessant, aber auch irritierend ist nach wie vor die Frage: Wer ist denn nun Anic, im Verhältnis zu ihrem Grundmodell GPT? Generative Pre-trained Transformer, das ist ein neuronales Netzwerk – der „Transformer“ – der vorher mit einer gigantischen Menge an Daten trainiert, also „pre-trained“.
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