Der 9-Euro-Versuch hat zwar den Autoverkehr nicht deutlich eindämmen können. Das Ticket ist trotzdem ein Erfolg, denn es verschafft allen Mobilität. Ein Kommentar von Marie__Frank.
Was machst du denn hier, dich habe ich ja ewig nicht gesehen!“, ruft eine junge Frau ihrem Bekannten zu und die beiden umarmen sich innig. Die Antwort ist wenig überraschend: „9-Euro-Ticket“. Szenen wie diese aus Berlin sind keine Seltenheit. Immer mehr Leute sind dank des dreimonatigen ÖPNV-Rabatts unterwegs. Bundesweit besitzen rund 31 Millionen Menschen ein 9-Euro-Ticket.
Kein Wunder: Für umgerechnet 30 Cent pro Tag können sich nun auch Menschen mit wenig Geld einen Städtetrip oder Ausflug ins Grüne leisten. Dass die Zunahme des Bahnverkehrs bislang kaum auf Kosten anderer Verkehrsmittel wie des Autos stattfindet, tut dem Erfolg des 9-Euro-Tickets keinen Abbruch. Hier geht es um einen sozialpolitischen Fortschritt: In Zeiten explodierender Preise und stagnierender Löhne bleibt auch die breite Masse der Gesellschaft trotzdem mobil.
Mobilität ist schließlich noch immer eine Klassenfrage: Wer kein Auto hat und sich keine teuren Flüge oder Zugtickets leisten kann, musste bislang zu Hause bleiben. Reisen ist ein Privileg von Besserverdiener*innen. Profitieren von dem 9-Euro-Ticket dürften also vor allem arme und marginalisierte Menschen.
Obdachlose, die auf der Suche nach einem Schlafplatz quer durch die Stadt fahren müssen. Pendler*innen, denen nun mehr von ihrem geringen Einkommen bleibt. Familien, die ihre Verwandten in anderen Regionen des Landes besuchen können, ohne dafür ein Monatsgehalt zahlen zu müssen. Und nicht zuletzt: all die Menschen, die nun nicht mehr wegen Schwarzfahren im Gefängnis landen.
Das Auto muss von den Straßen verdrängt werden, keine Frage. Mit einer Verlängerung des 9-Euro-Tickets die Mobilität der armen Bevölkerungsschicht, zu der mittlerweile 13,8 Millionen Menschen zählen, dauerhaft zu erhöhen steht dazu in keinem Widerspruch.
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